Jungen im Kindergottesdienst

Ein eigener Absatz über die Jungen? Weil die Probleme machen? Weil wir, die Mitarbeiterinnen, mit den Jungen Probleme haben? Ja und nein.

Die Realitäten: Es gibt die Jungen im Kindergottesdienst ganz überwiegend als sehr „normale“ Kinder. Die Umfragen in unserer Landeskirche und in der EKD weisen aus, dass immerhin gut ein Drittel aller Kindergottesdienstkinder Jungen sind. Etwas machen wir also so richtig, dass sie immer wieder kommen. Und das, obwohl lediglich 6% unserer Mitarbeitenden Männer sind, also deutlich zu wenige Identifikationsfiguren für Jungen. Trotzdem sind sie da und feiern gemeinsam mit den vielen Mädchen und Mitarbeiterinnen Kindergottesdienst.

Zu wenig Papa, zu viel Mama, auch im Kindergottesdienst. Dieses Szenario begleitet die Jungen von klein an: Die Mama ist fast immer da, der Papa fast immer weg. In der Kindertagesstätte sind es Erzieherinnen, in der Grundschule Lehrerinnen, in den Arztpraxen Kinderärztinnen, in der Musikschule Musikerinnen. Erst von den weiterführenden Schulen an oder im Sportverein oder bei der Feuerwehr dominieren schon mal die Männer. Aber dann gehen sie meist schon nicht mehr in den Kindergottesdienst, unsere großen Jungen.

Konfliktzonen. Unsere Umfrage weist außerdem aus, was sie besonders mögen und was nicht: Sie mögen vor allem viel Bewegung, das Kraftvolle, auch mal Lacher, auch mal Outdoor-Kindergottesdienste. Sie sind dankbar, wenn es etwas zu konstruieren gibt (Dörfer bauen aus Holzklötzchen) oder eine Zimmerrallye (der Weg nach Emmaus) oder das kleine Abenteuer (Suchspiele). Im Übrigen mögen solche Sachen auch die Mädchen. Was Jungen eher langweilt, sind Ausschneidearbeiten, malen, geduldiges Abwarten beim Einsatz von Legematerialien und endloses Zuhören. Gewiss gibt es auch Jungen, die mit alledem weniger Probleme haben, die leisen, die stillen Intelligenten, die dann mit präzisen Wortbeiträgen glänzen können, die gern und gut singen oder sogar gerne beten. Und es gibt auch die Mädchen, die nicht immer nur angepasst sein wollen. Allerdings: Wenn die eigene Mama zugleich Mitarbeiterin im Kindergottesdienst ist, also dann auch noch für andere Kinder da sein muss, dann entstehen ganz eigene Konfliktzonen.

Gesoftet. Erst in jüngster Zeit ist man darauf aufmerksam geworden, dass auch die Materialien für den Kindergottesdienst etwas „mädchenlastig“ daher 81

kommen: ausmalen, singen, tanzen - wogegen im Allgemeinen überhaupt nichts einzuwenden ist. Wenn dann aber auch die vorbereiteten Erzählungen einen eher „gesofteten“ Jesus beschreiben, der es immer nur gut meint, heilt, versteht, tröstet, leidet und am Ende, verspottet von den Raubeinen, einen ganz unverdienten Tod stirbt, dann wird Jungen sehr viel zugemutet. Ein freundlicher Jesus und sein himmlischer (!) Vater, die nicht auch das Kraftvolle, das Konsequente, das Fremde, das Herausfordernde und eine starke Hand zu erkennen geben, stimmen weder mit den biblischen Geschichten überein noch sind sie für Jungen interessant. Wie „bereinigt“ und harmonisch erzählen wir ihnen eigentlich die vielen „anstößigen“ Bibelpassagen? Welches Jesus- und Gottesbild geben wir ihnen mit? Ein immer nur „lieber“ Gott passt weder zu den Realitäten, in denen wir alle leben, noch zu dem Gott, den die Bibel erzählt. Jungen spüren das vielleicht ganz besonders.

Was Jungen gut tut:

- Natürlich mehr Männer im Kindergottesdienstteam (haltet sie fest, wenn der Familiengottesdienst vorüber ist!),

- Erzählungen, die das Kantige und Kraftvolle nicht glatt bügeln oder „soften“,

- ab und zu Lieder mit kraftvollen Bewegungen, Lautstärke (Orff’sche Instrumente!) und Spaß,

- Kreativideen, die den Jungen entgegen kommen,

- ein Gottesbild, das Nähe und Fremdheit zusammenlässt, Liebe und Konsequenz, Freundlichkeit und Unverständlichkeit. Gott ist letztlich unerklärlich.

- Aufgaben, die etwas Kraft kosten und die ihnen anvertraut werden,

- Väter-Söhne-events,

- Outdoor-Kindergottesdienst (im Wald, an einem Bach, in einem Steinbruch, in einer Scheune, auf einem Feld, bei einem Handwerker, …),

- Lob für gute Beiträge.

 

Zu allen diesen Vorschlägen lassen sich Bibelgeschichten oder ganze Zyklen finden (Noah, Abraham, Jakob und Esau, Josef und seine Brüder, Jüngergeschichten, Paulus, …),; mehr dazu im Jungenbuch „Wo bleiben denn die Jungs?“, siehe Literaturverzeichnis 8.4. 82

Hartmud Wild




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